Hintergründe zur Tagung
Mehrsprachigkeit schreibt sich in tägliche Lebenserfahrungen ein. Wir begegnen ihr auf unterschiedliche Weise und in verschiedenen Formen. So beispielsweise, wenn wir neue oder uns fremde Sprachen eher zufällig vernehmen, oder wenn wir, je nach Lebenskontext in und mit uns fremden Sprachen leben. Es sind Mehrsprachigkeitsbegegnungen, in denen Menschen unterschiedlicher Herkunftssprachen miteinander Beziehung gestalten. So gesehen ist Mehrsprachigkeit in ihrer Allgegenwärtigkeit Teil des sozialen Lebens insgesamt und prägt wohl nicht zuletzt darum Fragen und Diskurse, die bildungspolitisch, soziokulturell, schulisch oder wirtschaftlich konnotiert sein können. Diese Kontexte bilden, jeder für sich, aber auch in ihren möglichen Verbindungen, die Eckwerte dafür, dass Menschen befähigt werden, in mehrsprachigen Welten adaptiv zu leben. Das kann, oder wird vielleicht sogar, ihr Mehrsprachigkeitsbewusstsein und ihren sprachkulturellen Blick weiten, und sie dahin führen, dass sie Weltzusammenhänge neu sehen und verstehen können.
Solche oder ähnliche Einschätzungen haben wohl dazu geführt, dass einige europäische Länder die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen unterzeichnet haben. Damit haben sie sich gegenüber dem Europarat verpflichtet, ihre sprachliche Vielfalt und den damit verbundenen kulturellen Reichtum Europas zu schützen und zu fördern. Das ist offensichtlich nicht einfach zu realisieren, denn die sprach- und gesellschaftspolitischen Ausgangslagen innerhalb einzelner Staaten oder Staatsgebiete sind oftmals sehr komplex. Gerade aber weil sich im Kontext der Mehrsprachigkeit eine Lücke zwischen gesetzlichem Anspruch und gelebter Wirklichkeit auftun kann, sind zielführende und stetig aktuell zu haltende Wissensbestände notwendige Leitlinien für Entwicklungsprozesse. So können bestehende Verständnisse differenziert, neue Perspektiven gesehen und vielleicht inhaltliche Brücken zu anderen Disziplinen entdeckt werden. Die in der Schweiz, aber auch in anderen Ländern, während den letzten Jahren und Jahrzehnten vorangebrachte Forschung zur Mehrsprachigkeit lässt sich unter anderem hier verorten. Untersucht wurde beispielsweise, wie neuere Konzepte oder Prinzipien der Mehrsprachigkeitsdidaktik in vielsprachigen Kontexten in der Schule umgesetzt werden, wie ein so genannt guter Fremdsprachenunterricht aufzubauen ist, oder wie Mehrsprachigkeit übergeordnet aus einer sprach- und gesellschaftspolitischen Perspektive angegangen wird.