Transdisziplinäres Projekt in der alpinen Peripherie
San Bernardino Lab

Eine Kooperation zwischen der Pädagogischen Hochschule Graubünden, der Fachhochschule Graubünden, der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana, dem Verein paradisea und den Gemeinden Mesocco, Rheinwald, Soazza und Sufers.

Die Expertinnen und Experten der Pädagogischen Hochschule Graubünden, der Fachhochschule Graubünden und der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana stehen in engem Kontakt mit Vertretern aus der Praxis, um an der Klärung komplexer Grundsatzfragen sowie an möglichen Lösungen, sowohl für einzelne Unternehmen als auch für ganze Branchen und Regionen, zu arbeiten.

Das «San Bernadino Lab» strebt eine unmittelbarere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis an. Durch die Kompetenzen der Hochschulen bieten sich gegenseitig Chancen, um partizipativ und kooperativ mit den Akteuren und Akteurinnen in der Region zukunftsfähige Lösungen für den Lebens- und Wirtschaftsraum südlich und nördlich des San Bernardino Passes zu entwickeln. Das «San Bernardino Lab» als Reallabor soll dabei die nachhaltige Regionalentwicklung mit partizipativen, angewandten wissenschaftlichen Methoden unterstützen.

Als Reallabor bietet das «San Bernardino Lab» den Rahmen, die Herausforderungen und Themen der Region unter Einbezug aller Akteure und Akteurinnen anzugehen, um gemeinsame, zukunftsfähige Lösungen zu finden. Dazu werden Realexperimente (transdisziplinäre Forschungsprojekte) durchgeführt und wissenschaftliche und ausserwissenschaftliche Perspektiven vereint. Dies bedingt eine vertrauensvolle, enge Kooperation auf Augenhöhe zwischen allen Akteuren.

«San Bernardino Lab»

Das «San Bernardino Lab» ist Denk- und Handlungsraum («Thinktank») an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und «Realität», Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und physischer Umwelt und dient dem Erfahrungs- und Wissensaustausch durch anwendungsorientierte Forschung. Als transdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsstelle fungiert es als Impulsgeberin für die Region südlich und nördlich des San Bernardino Passes. Das «San Bernardino Lab» arbeitet eng mit dem «Surselva Lab», «Bregaglia Lab» und dem «Prättigau/Davos Lab» zusammen, damit Lernprozesse und potenzielle gemeinsame Projekte fortlaufend angestossen sowie umgesetzt werden können.

Wissenswertes zum San Bernardino Lab

Was macht das «Laboratorio vivente San Bernardino» genau?

Gemeinsam mit regionalen Akteuren sollen Grundsatzfragen identifiziert und übergeordnete Themenschwerpunkte und Entwicklungsziele definiert werden, sodass im Rahmen von konkreten Situationen an neuen Ideen gearbeitet und neue Lösungen entwickelt und erprobt werden können.

Die Rollen der beteiligen Akteure aus der Wissenschaft umfassen:

  • Forschung
  • Anstossen von Prozessen
  • Moderation (Facilitator)
  • Einbringen von Expertise
  • Analyse und Reflektion von Ergebnissen

Studierende der verschiedensten Fachbereiche der drei Hochschulen können für die regionalen Akteure angewandt-wissenschaftliche Fragestellungen ausarbeiten. Diese Aufträge werden im Fall von Semesterprojekten mit den jeweiligen Fachdozierenden definiert und ausgeschrieben bzw. vergeben. Umfangreichere Fragestellungen können auch in Form von Bachelor- oder Master-Thesen ausgeschrieben werden.

Das «San Bernardino Lab» leistet einen Beitrag zur Lösung regionaler Herausforderungen

Indem

  • zielgerichtet Transformationsprozesse angestossen werden, um nachhaltigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Mehrwert zu schaffen, und
  • Impulse für die Schaffung von Neuem und «neuem Altem» gesetzt werden.

 

Konkret soll ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der folgenden Ziele geleistet werden:

  • Durch Standortentwicklung und -attraktivität Gewinn an neuen Fachkräften und an neuen Arbeitsplätzen (permanent oder vorübergehend), der Abwanderung entgegenwirken
  • Die Zusammenarbeit zwischen dem Rheinwald und der oberen Mesolcina stärken, das interkulturelle Verständnis und den Zusammenhalt Graubündens und der Schweiz über die Sprachgrenze hinweg fördern
  • Inwertsetzung schützenswerter Natur- und Kulturgüter (Lebensraum und Tourismusdestination nachhaltig verbinden, Umnutzung und Erneuerung der Infrastruktur)
  • Verschmelzung von Arbeit und Freizeit (Workations, remote work, infoworkers etc.)
  • Weiterentwicklung des Bildungsprojekts paradisea (Schwerpunkte: Mehrsprachigkeitsdidaktik, Umweltbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung)

Was ist der Zeithorizont des «Laboratorio vivente San Bernardino»?

Das «San Bernardino Lab» verfolgt eine langfristige Perspektive. Um eine finanziell gesicherte Einführungsphase zu gewährleisten, gewähren die Kooperationspartner eine Anschubfinanzierung, die vorerst auf drei Jahre befristet ist (Juli 2023–Juli 2025) – mit Verlängerungsmöglichkeit auf maximal fünf Jahre (bis Juli 2027).

Über die Verlängerung der Anschubfinanzierung um weitere zwei Jahre sowie über allenfalls erforderliche Anpassungen oder den Abbruch der Zusammenarbeit und der Co-Finanzierung soll nach einer Evaluation entschieden werden.

Nach der Anschubphase von maximal fünf Jahren (ab Juli 2027) muss das «San Bernardino Lab» finanziell selbsttragend sein, allenfalls mit der Unterstützung durch externe Sponsoren (z. B. Gönner, Stiftungen) oder dank öffentlichen Förderungen.

Forschungsschwerpunkte

Inwertsetzung schützenswerter Natur- und Kulturgüter (Lebensraum und Tourismusdestination nachhaltig verbinden, Umnutzung und Erneuerung der Infrastruktur)

Weiterentwicklung des Bildungsprojekts paradisea (Schwerpunkte: Mehrsprachigkeitsdidaktik, Umweltbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung)

Die Durchführung von transdisziplinären Forschungsprojekten ist die eigentliche Kernaufgabe des «San Bernardino Labs». Die Ergebnisse sollen unter anderem dazu dienen, Transformationsprozesse in der Gesellschaft (bspw. die Annahme neuer Lebens- und Arbeitsformen), im Tourismus (z. B. das Entwickeln nachhaltiger Communities bestehend aus Erst- und Zweitheimischen) oder aber in der Infrastruktur anzustossen. Durch den engen Austausch mit den Anspruchsgruppen erfolgt dabei eine laufende Anpassung des Angebots an die Bedürfnisse und die sich ändernden Ausgangslagen in der Region.

Studierende der verschiedensten Fachbereiche (z. B. Bildung, Tourismus, Architektur) erhalten die Möglichkeit, angewandt-wissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten. Diese Fragestellungen werden im Fall von Semesterprojekten gemeinsam mit den jeweiligen Fachdozierenden definiert und ausgeschrieben bzw. vergeben. Umfangreichere Fragestellungen können auch in Form von Bachelor- oder Master-Thesen ausgeschrieben werden. Die Koordination der Arbeiten läuft über das Reallabor.

Das Bildungsprojekt paradisea bezieht sich auf die Regionen südlich und nördlich des San Bernardino Passes. Das didaktische Angebot paradisea ist exemplarisch aufbereitet, d.h. es bezieht sich beispielhaft auf die spezifischen Natur- und Kulturgüter dieser Regionen und gewährleistet eine Übertragbarkeit auf andere vergleichbare Orte. 

Bericht Radio Ticino

04.07.2023

Barbara Beer, Gründungs- und Vorstandsmitglied vom San Bernardino Lab, ist zu Gast beim Radio Ticino. Im Interview erzählt sie Wissenswertes vom Reallabor.

Zum Interview

Bildungsprojekt paradisea

Das Bildungsangebot paradisea richtet sich an Kinder und Jugendliche im Volksschulalter. Es fördert die Wahrnehmung und Erkundung der Lebenswelt gemäss Lehrplan 21. Jugendliche und Kinder lernen die Kulturlandschaft kennen und setzen sich mit ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Bedeutung auseinander. Sie entwickeln Verantwortungsbewusstsein und die Bereitschaft, Natur- und Kulturgüter zu erhalten oder zu schützen.

Bezug zum Regierungsprogramm vom Kanton Graubünden 2021-2024

Regierungsziel 3: Den Bildungs- und Forschungsplatz Graubünden stärken

  • Das San Bernardino Lab fördert die Zusammenarbeit der Hochschulen über die Kantonsgrenzen hinaus: Die Fachhochschule Graubünden (FHGR), die Pädagogische Hochschule Graubünden (PHGR) und die Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) machen einen ersten gemeinsamen wichtigen Schritt zur Förderung der Nachhaltigen Entwicklung im Kanton GR (und ev. TI). Das San Bernardino Lab ist das erste gemeinsame Projekt der PHGR und der FHGR.

Die Hochschul- und Forschungsstrategie (H&FS) beschreibt, wie die Hochschulen und Forschungsinstitutionen des Kantons ihre wissenschaftliche Lehre, Forschung und Dienstleistung ausrichten sollen, um die mittel- und langfristigen Ziele der kantonalen Hochschul- und Forschungspolitik zu erreichen.

  • Das San Bernardino Lab initiiert angewandte Forschung zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung der oberen Mesolcina (Gemeinden Mesocco und Soazza) und des Rheinwaldes (Gemeinden Rheinwald und Sufers). Es bezieht sich auf folgende Profilfelder der H&FS:
  • Profilfeld 1: Tourismus & Wirtschaft 
  • Profilfeld 2: Ressourcen & Naturgefahren 
  • Profilfeld 4: Kultur & Vielfalt
  • Der Fokus der Forschungsprojekte vom San Bernardino Lab soll in einer ersten Phase folgende Aspekte berücksichtigen:
  • Entwicklung von Bildungsangeboten (Mehrsprachigkeitsdidaktik, Umweltbildung, Bildung für Nachhaltige Entwicklung)
  • Inwertsetzung schützenswerter Natur- und Kulturgüter (Lebensraum und Tourismusdestination nachhaltig verbinden)
  • Umnutzung und Erneuerung der Infrastruktur

Regierungsziel 4: Den Gebirgskanton Graubünden als attraktiven Arbeits-, Lebens-, und Erholungsort positionieren

Das San Bernardino Lab soll in der zweisprachigen Region als Informations- und Kompetenzzentrum für Fragen der Nachhaltigkeit wirken und entsprechende Projekte fördern. Durch transdisziplinäre Forschung, Informations- und Partizipationsveranstaltungen sowie Aus- und Weiterbildungsangebote sollen Fachkräfte gewonnen und langfristig neue Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden, mit positiven Auswirkungen auf Wirtschaft und Tourismus. Durch einen aktiven Beitrag zur Standortentwicklung und -attraktivität wird der Zugewinn an qualifizierten Arbeitskräften («Brain-Gain») gefördert.

Regierungsziel 5: Die kulturelle und sprachliche Vielfalt des Kantons Graubünden als Chance nutzen

Die verschiedenen Akteure des Rheinwaldes und der oberen Mesolcina sollen durch das San Bernardino Lab bei der Planung ihrer Nachhaltigen Entwicklung beraten und begleitet werden. Dabei werden gemeinsame Probleme und Herausforderungen auch gemeinsam angegangen. Miteinander und füreinander statt gegeneinander. Die Zusammenarbeit zwischen dem Rheinwald und der oberen Mesolcina stärkt das interkulturelle Verständnis und den Zusammenhalt Graubündens (und der Schweiz) über die Sprachgrenze hinaus.

  • Die Zweisprachigkeit der Regionen ist charakteristisch für das San Bernardino Lab und wird sowohl im Leistungsspektrum, in der Kommunikation als auch in einzelnen Veranstaltungen und Projekten gelebt.
  • Durch das San Bernardino Lab soll die kulturelle und sprachliche Vielfalt touristisch genutzt werden.
  • Die kulturelle und sprachliche Vielfalt soll Gegenstand neuer Forschungsprojekte sein.
  • Das San Bernardino Lab kann die zweisprachige Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse vorantreiben.

Regierungsziel 9: Den Stellenwert der einzigartigen alpinen (Kultur-)Landschaft und die Biodiversität erhalten

Durch das San Bernardino Lab werden Mensch und Natur in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns gestellt. Damit sollen langfristig die natürlichen Ressourcen erhalten bleiben sowie eine hohe Lebensqualität und eine effizientere Wirtschaft gewährleistet werden. Die Hochschulen bieten zukunftsorientierte Lösungen für spezifische Herausforderungen an, damit die Regionen und ihre Akteure wissensbasierte nachhaltige Entscheidungen treffen können.

Regierungsziel 11: Die Entwicklung der Regionen Graubündens unterstützen

  • Eine wichtige Rolle hat das San Bernardino Lab, indem es eine Brückenfunktion zwischen Süd und Nord übernimmt. Die Arbeitsweise des Reallabors ist explizit partizipativ und bezieht alle Stakeholder mit ein, also auch die Regionalentwickler. Die Zusammenarbeit der Regionalentwickler soll über die Sprachgrenze hinweg durch das San Bernardino Lab gestärkt werden.
  • Die Durchführung von transdisziplinären Forschungsprojekten ist die Kernaufgabe der Reallabore. Die angewandte Forschung richtet sich auf die Bedürfnisse und die sich verändernden Ausgangssituationen in den Regionen. Die Forschungsergebnisse unterstützen die Entwicklung der Regionen, welche auf wissenschaftliche Daten Entscheidungen im Rahmen von Entwicklungs- und Transformationsprozessen treffen können.
  • Das San Bernardino Lab wirkt als Kommunikationsdrehscheibe und Treffpunkt für Experten, Regionalplaner und der Bevölkerung über die Sprachgrenze hinaus.

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