#HOCHtalentiert:
Zwischen Bühne und Schulzimmer

Der Bündner Ivo Orlik, auch bekannt als Rapper Giganto, hat vier Musikalben veröffentlicht, über 100 Konzerte gespielt und den 5. Platz der Schweizer Hitparade erreicht. Mit über 1 Million Streams auf Spotify und Youtube gehören seine Texte zu den erfolgreichsten romanischen Songs. Jetzt lässt er sich an der PH Graubünden zum Lehrer ausbilden. Lilian Ladner hat ihn zum Interview getroffen.

Schnell wird mir im Gespräch klar, dass hier ein sehr ambitionierter und engagierter junger Mann vor mir sitzt. Ivo berichtet mir von seiner Lehre als Kaufmann, welche er 2012 abgeschlossen hat. Anschliessend absolvierte der Student im zweiten Studienjahr das Militär, reiste ein halbes Jahr um die ganze Welt, holte die Berufsmatura nach und genoss dann den zweiten Teil seiner grossen Reise.

Im Jahre 2015 hat Ivo Orlik dann eine Anstellung als Radiomoderator bei RTR angenommen. Während fünf Jahren hat er tagtäglich die Leute unterhalten, spannende Beiträge gestaltet, Interviews geführt, die Hitparade moderiert und unzählige News vorgelesen. Ivo erinnert sich an diese Zeit mit den Worten: «Es war eine geile Zeit!» Auf die Frage hin, ob er diese Tätigkeit manchmal vermisse, antwortet er verschmitzt: «Zum Glück habe ich ab und zu noch solche Engagements und gestalte noch immer Radiobeiträge zu ethischen Themen oder produziere weitere Videoformate für RTR».

Nach seiner Zeit als Moderator hat der angehende Lehrer während zwei Jahren bei der Agentur Rob Nicolas als Creative Director/Projektleiter gewirkt. Dort ist er noch immer angestellt, arbeitet auch aktuell noch an kleineren Projekten mit und finanziert so sein Studium.

Seit 2012 ist Ivo Orlik als Musiker tätig. Der Student wird für einen Moment sehr ernst und erzählt: «Ich habe diese Tätigkeit immer neben der oben erwähnten Arbeit ausgeübt. Es gab Phasen, an denen ich somit 150% und mehr gearbeitet habe. In dieser Zeit hatte ich mehrere Hörstürze und das hat mich nachdenklich gemacht. Ich achte heute mehr auf meine Gesundheit und auf eine gute Balance. Das musste ich wirklich lernen.» Nach einer kurzen Pause fügt Ivo nachdenklich aber auch etwas stolz hinzu: «Natürlich gibt es auch heute noch stressige Phasen, wie beispielsweise während den Prüfungswochen, aber mittlerweile habe ich gelernt, in solch intensiven Momenten die jeweils anderen Tätigkeiten etwas zurückzuschrauben.»

Unter dem Künstlernamen «Giganto» ist der bald dreissigjährige Musiker sehr erfolgreich unterwegs: «Ich habe in der Zwischenzeit vier Alben veröffentlicht, Platz 5 der Albumcharts erreicht, über 100 Konzerte gespielt und eine treue und liebevolle Fanbase aufbauen können. Auf diesem Weg konnte ich wunderbare Menschen kennenlernen und unglaublich schöne Erinnerungen sammeln.»

Für Ivo sind diese vielen «Standbeine» keine Herausforderung. Er ist es gewohnt, verschiedengleisig unterwegs zu sein, und er hat immer parallel zu all seinen Jobs Musik gemacht. Fragt man Ivo nach seinem Geheimrezept, antwortet er mit einem Augenzwinkern: «Ich arbeite sehr gut unter Druck. In solchen Momenten kann ich mich stark fokussieren und volle Leistung bringen. Weiter bin ich ein sehr positiver Mensch. Ich sehe in allem Negativen das Gute und erinnere mich ausschliesslich an die schönen Erlebnisse. Ich habe auch gelernt, den richtigen Menschen zu vertrauen, delegieren zu können und nicht den Anspruch zu haben, alles können zu müssen, man muss nur die richtigen Leute kennen.»

Ivo wirkt auf mich sehr geerdet und so wollte ich von ihm wissen, ob der Vollzeit-Student zu keinem Zeitpunkt alles «nur» auf die Karte Musik setzen wollte? Er hat mir daraufhin aufgezeigt, dass es für ihn keine Option ist, «nur» von der Musik zu leben, denn damit geht seiner Meinung nach die gesamte Kreativität verloren und die Musik verliert das gewisse Etwas.

Mich interessiert weiter, wie Ivo denn den Weg zur Musik gefunden hat und da erzählt er mir Erstaunliches: «Das passierte völlig zufällig. Meine Schwester hat ein eigenes Liebesgedicht geschrieben und unbewusst auf dem Tisch liegen gelassen. Ich habe dieses Gedicht als Dreizehnjähriger genommen und habe es als Rap umgeschrieben. Das waren meine Anfänge. Niemand in der Familie ist mit der Musik verbandelt, aber so hat es mir den Ärmel allmählich reingezogen; ich bin eigentlich ein Spätzünder.»

So erfolgreich und engagiert sein, kann man nur, wenn man ein gutes Umfeld hat und starke Menschen einem den Rücken stärken. Ivo schaut mich bei dieser Aussage mit glänzenden Augen an und ergänzt: «Meine Familie und meine Freundin bedeuten mir alles. Sie haben mich auf dem gesamten Lebensweg unterstützt und dafür bin ich ihnen sehr dankbar.»

Wie gehen denn die Mitstudierenden mit dem erfolgreichen Musiker und Kollegen um? Ivo schmunzelt: «Mir geht es hier an der PH Graubünden sehr gut. Alle unterstützen mich und ich bin ehrlich gesagt auch heute noch etwas der Klassenclown; mein Humor gehört zu mir. Ich fühle mich für meine Mitstudierenden mitverantwortlich und schaue ebenfalls auf meine Art, dass es ihnen gut geht. Mir ist wichtig für Rechte einzustehen und das lebe ich entsprechend vor, denn dies werde ich dann auch als Lehrer so machen.»

Auf die Frage hin, wie sich seine spezielle Rolle denn auf sein Wirken im Schulzimmer auswirke, wird Ivo wiederum etwas nachdenklich. Er erzählt mir, dass es am Anfang nicht ganz einfach für ihn war. Aber die Kinder hätten wunderbar zwischen «Giganto» und Ivo Orlik unterscheiden können und so sei das nach dem Kennenlernen kein Thema mehr gewesen. Aber selbstverständlich spreche er das jeweils an und es sei ihm wichtig, dass die Kinder zwischen Lehrperson und Musiker unterscheiden. Als ehemalige Schulleiterin wollte ich natürlich von ihm wissen, ob und wie er denn sein Knowhow einem künftigen oder aktuellen Schulteam während dem Praktikum zur Verfügung stellen werde. Der angehende Lehrer antwortete ohne Bedenkzeit: «Ich möchte unbedingt ein Musical organisieren oder eine Projektwoche im Bereich Musik durchführen. Mein Traum wäre es, einen Song von A bis Z mit den Kids zu komponieren und zu arrangieren.» Das war natürlich genau das, was ich hören wollte und mich gleichzeitig extrem freute, denn bei Ivo spürt man eine unbändige Energie, die einen regelrecht mitreisst.

Für den angehenden Lehrer gibt es zwischen dem Unterrichten und dem Musizieren einige Parallelen. „Wenn ich vor der Klasse stehe, ist das so, wie wenn ich auf der Bühne performe. In beiden Rollen vermittle ich etwas und empfinde Freude, wenn ich mit meinem Beitrag beim Gegenüber etwas Positives auslösen kann. Es gibt aber auch Unterschiede: Auf der Bühne steht die Musikerin bzw. der Musiker im Zentrum. Im Klassenzimmer ist das anders. Dort stehen die Schülerinnen und Schüler im Zentrum. Als Lehrperson inszeniere ich Lerngelegenheiten, damit meine Schülerinnen und Schüler lernen und sich weiterentwickeln können.«

Zum Abschluss unseres Gesprächs möchte ich wissen, ob Ivo noch ein spezielles Ziel verfolgt. Bescheiden antwortet er mir: «Ich habe vieles erreicht, was mir wichtig ist. Nun kommt das, was kommen soll und die Familie hat oberste Priorität. Ich bin gespannt, was kommen wird und ich bin völlig offen. Obwohl etwas Kleines gibt es da noch: Ich möchte gerne ein Auslandsemester absolvieren und mein Englisch verbessern. Das würde mir viel bedeuten.»

Ivo Orlik eine junge Persönlichkeit, die fasziniert und deren unbändige Energie gleichzeitig Gross und Klein beflügelt. Ich bin überzeugt, dass wir noch viel von Giganto wie auch von Ivo Orlik hören und lesen werden und wünsche dem Künstler sowie angehenden Lehrer an dieser Stelle weiterhin viel Freude in seinem kreativen Tun.

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