Im letzten Schuljahr wurde das Lehrmittel Orbita in allen zweiten Klassen der italienischsprachigen Schulen Graubündens eingeführt. Nach den Sommerferien werden neu auch die Drittklässlerinnen und Drittklässler im Moesano, im Bergell und im Puschlav mit dem Sprachlehrmittel für Italienisch arbeiten. «Mit der Implementierung in der dritten Klasse führen wir konsequent weiter, was wir im vergangenen Jahr begonnen haben», sagt Franca Caspani, Projektleiterin und Studiengangsleiterin Primarstufe an der PH Graubünden. Ziel von Orbita ist es, die Kinder stufengerecht von der italienischen Alltagssprache an die Bildungssprache heranzuführen. Dabei werden nicht nur sprachliche Kompetenzen gestärkt, sondern auch die kulturelle Identität gefördert.
Grammatik altersgerecht einführen
Für die dritte Klasse wurde der Grammatikteil weiter ausgebaut. Die Texte sind länger. Die Aufgaben pro Seite sind umfangreicher. Wie bei den jüngeren Schülerinnen und Schülern geht es auch hier um die Auseinandersetzung mit der Standardsprache und dem eigenen Dialekt. Dabei stellt das Lehrmittel bewusst den Bezug zur Lebenswelt der Kinder aus den italienischen Sprachregionen Graubündens her, indem es Themen und Beispiele aus der Region aufgreift. Darin unterscheidet sich Orbita grundlegend von Italienisch-Lehrmitteln aus dem Ausland, die in den entsprechenden Schulen bisher mehrheitlich zum Einsatz kamen.
Sprachförderung mit Fantasie, Vielfalt und Alltagsbezug
Die zehn Kapitel des neuen Lehrmittels verbinden Sprachförderung mit altersgerechten Themen und schaffen Raum für Kreativität und kulturelle Aspekte. «Kinder in diesem Alter verfügen über eine ausgeprägte Vorstellungskraft. Fantasiegeschichten, Alltagserlebnisse und emotionale Inhalte sprechen sie besonders an», so Franca Caspani. «Wir nutzen diesen Zugang gezielt, um die Kinder schrittweise an die italienische Schulsprache heranzuführen und diese so für sie lebendig und erlebbar zu machen.»
Klappt man das Lehrmittel auf, so startet es gleich zu Beginn mit viel Humor und Fantasie. Die Schülerinnen und Schüler vergleichen auf spielerische und sprachlich anregende Weise ihren Tagesablauf mit einem Monster. In weiteren Kapiteln begegnen sie Zirkusartisten, üben mithilfe von ihnen das Diskutieren und Argumentieren in Gruppen oder verfassen anhand von Sachtexten eigene Spielanleitungen. Dazu befragen sie auch ihre Grosseltern nach Gesellschaftsspielen von früher. Die Auseinandersetzung mit Märchen wie «Der gestiefelte Kater» fördert das literarische Verständnis und den Perspektivenwechsel. Dabei geht der Blick sprachlich und kulturell immer auch über den eigenen Horizont hinaus. So erfahren die Primarschülerinnen und -schüler in eigenen Recherchearbeiten, wie Gleichaltrige in Mexiko, der Mongolei oder auf Bali zur Schule gehen und wie der Alltag auf anderen Kontinenten aussieht.
Entwickelt von einem 32-köpfigen Team
32 Personen haben über einen Zeitraum von zwei Jahren an Konzeption und Realisierung der neuen Lehrmittelreihe gearbeitet – darunter Sprachwissenschaftler, Redakteurinnen, Kinderbuchautoren, Grafikerinnen, Illustratoren und IT-Spezialisten. Unterstützt wurden sie von rund 15 Lehrpersonen aus den Regionen Moesano, Bergell und Puschlav sowie Sprachdidaktikerinnen und Sprachdidaktikern der Pädagogischen Hochschule Locarno (DFA/PH SUPSI).
Neuerung in der Sprachbildung der italienischsprachigen Regionen
Mit Orbita stellt das Amt für Volksschule und Sport des Kantons Graubünden erstmals ein verbindliches Lehrmittel zur Verfügung, das ein einheitliches und stufengerechtes Erlernen der italienischen Sprache gewährleistet. Ein Novum in der Geschichte der Volksschule in Italienischbünden.