Anders als an anderen Pädagogischen Hochschulen ist Musik an der PH Graubünden Pflichtfach. Ist aber jeder Student und jede Studentin musikalisch begabt? Ist jeder Mensch musikalisch? Kann jede Person das Musizieren auf einem Instrument lernen? Was bedeutet Musik als Schulfach? Und wie können Lehrpersonen die Musikalität ihrer Schülerinnen und Schüler in der Schule fördern?
Franca Caspani, Studiengangsleiterin Primarstufe, im Gespräch mit der Musikdozentin Cornelia Meier und den Instrumentallehrern Christian Cantieni und Frieder Torp.
Was bedeutet für euch Musik?
Frieder Torp: Musik ist meine persönliche Komfortzone und gleichzeitig auch mein Ventil. Musik ist mein Zuhause.
Christian Cantieni: Für mich ist Musik wie eine lebenslange Begleiterin. Sie ist Teil meines inneren Gleichgewichts.
Was beinhaltet das Fach Musik in der Schule?
Cornelia Meier: Im Sinne des LP21 und aus der Sicht der Musikdidaktik ist Musik dies: Lieder singen, Rhythmen klatschen, eine Melodie pfeifen, ein Instrument spielen, tanzen, Musik hören, Musik analysieren, Musik aufschreiben, Musik erfinden u.v.m.
Habt ihr eine persönliche Erinnerung an euren Musikunterricht in der Primarschule?
Christian Cantieni: Ich denke, dass ein Musik- oder Theaterprojekt prägend ist und bedeutende Erinnerungsspuren hinterlässt. Für mich waren Lehrerinnen und Lehrer, welche in der Schule selbst ein Instrument gespielt haben, besonders faszinierend. Auch das mehrstimmige Singen war für mich eindrücklich und ist mir besonders in Erinnerung geblieben.
Frieder Torp: In der ersten Klasse hatte ich eine eigene Flöte, die ich mit meinem Vater gebaut hatte. Später habe ich Akkordeon gespielt und Ländlermusik gehört. Diese Art Musik hat mich sehr berührt. Mit 14 Jahren hat mir mein Vater den ersten Akkord auf der Gitarre gezeigt. Von da an wusste ich es, ich musste das Instrument lernen.
Ist jede Person musikalisch?
Frieder Torp: Wenn sie offene Ohren für die Musik hat, viel darin investiert und viel übt, ja.
Christian Cantieni: Musikalisch ist jede Person, die Musik gerne hat und bereit ist, sich auf Musik einzulassen.
Cornelia Meier: Stefanie Stadler Elmer[1] hat in ihren Forschungen gezeigt, dass alle Kinder Zugang zum Musikalischen haben. Entscheidend ist, dass Kinder schon sehr früh, am besten schon während der Schwangerschaft, mit Musik in Berührung kommen. Idealerweise geschieht dies über die engsten Beziehungspersonen.
Leider haben nicht alle Kinder das Glück, ihre Kinderjahre bis zum Schuleintritt in einer musikfördernden Umgebung verbringen zu können. Man etikettiert solche Kinder dann gerne als "unmusikalisch". Diese Kinder sind aber nicht unmusikalisch, sondern haben ein feststellbares Erfahrungsdefizit. Ihnen gegenüber hat die Schule eine Verpflichtung, die nicht von "unmusikalisch" ausgeht, sondern von Erfahrungsdefizit. Denn grundsätzlich haben alle Kinder Freude am musikalischen Handeln und können sich auch ohne Vorkenntnisse musikalisch ausdrücken.