Biodiversität
Auf dem Campus der PH Graubünden entsteht ein Wildbienenparadies 

Bis im kommenden Frühjahr wird ein Teil des Gartens der PH Graubünden in ein Paradies für Wildbienen und andere einheimische Tierarten verwandelt. Das Projekt ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der Hochschule und soll einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität auf dem Campus leisten.

Herumliegende Felsbrocken, geknickte Baumstämme, Äste, Sandhaufen: Was auf den ersten Blick wie die Nachwehen eines heftigen Sturms aussieht, ist ein durchdachtes Biodiversitätskonzept, das derzeit auf dem Campus der PH Graubünden entsteht. Mit dem Projekt will die Hochschule nicht nur neue Lebensräume für einheimische Pflanzen und Tiere schaffen, sondern auch den Blick der Besucherinnen und Besucher für die Artenvielfalt schärfen. 

Ein neuer Blick auf Natur und Garten eröffnete sich den Beteiligten der PH Graubünden bereits bei der Konzeption der neuen Anlage. Dies bestätigt Jonas Bigger, Leiter Infrastruktur an der PH Graubünden. «Wir konnten alle viel von den Fachleuten lernen. Zum Beispiel, dass man einen naturnahen und artenreichen Garten nie aus der Sicht eines Menschen, sondern stets mit den Augen eines Tieres betrachten und gestalten muss.» Das Projekt sei aber nicht nur ein Gewinn für die Natur, sondern biete auch den Studierenden, Mitarbeitenden sowie der breiten Öffentlichkeit eine einzigartige Möglichkeit, Artenvielfalt und Nachhaltigkeit hautnah zu erleben und besser zu verstehen, so Bigger.

Naturnah und vielfältig

Der Garten mit dem romantischen Namen «Wildbienenparadies» wird ab dem kommenden Frühjahr den bestehenden Naturgarten der Pädagogischen Hochschule ergänzen. Vom Baubeginn im Juli 2024 bis zur geplanten Fertigstellung im Frühjahr 2025 soll sich der ehemalige Schulgarten zu einem Refugium für einheimische Pflanzen sowie seltene Wildbienenarten, Igel, Schmetterlinge, Eidechsen und andere Lebewesen entwickeln.

Ein kleiner, mit Trockenmauern und Findlingen gestalteter Aufenthaltsbereich bildet das Zentrum der neuen Anlage. Ein Ort zum Verweilen, Beobachten und Lernen. Dieser wird durch hohe Sträucher beschattet, so dass der sonnenexponierte Platz auch im Sommer genutzt werden kann.

Eine vielfältige Bepflanzung mit einheimischen Gewächsen sorgt für ein kontinuierliches Nahrungsangebot für Wildbienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen. Die Pflanzen sind so ausgewählt, dass sie möglichst vielen Bienenarten und anderen Insektengruppen Nahrung bieten. 

Gemeinsam für mehr Biodiversität

Mit der Umgestaltung des bestehenden Hochschulgartens zu einem biodiversen Lebensraum leistet die PH Graubünden einen aktiven Beitrag zur Erhaltung und zur Vielfalt von Tieren und Pflanzen auf ihrem Campus. Darüber hinaus bietet das Projekt einen Mehrwert für das Lernen und das Verständnis rund um die verschiedenen Tierarten und Pflanzen, insbesondere für die Studierenden im Fach Natur, Mensch und Gesellschaft (NMG).  

Zusammenarbeit

Das Konzept wurde von Kompass B entworfen, einem auf Biodiversität im Siedlungsraum spezialisierten Unternehmen - mit Fachleuten aus den Bereichen Gartenbau, Landschaftsarchitektur und Biologie. Die Umsetzung erfolgt durch Zuber Aussenwelten und Kompass B im Auftrag der Pädagogischen Hochschule Graubünden und des Amtes für Natur und Umwelt Graubünden (ANU).

Finanzierung

Das Projekt kann dank der finanziellen Unterstützung des Amtes für Natur und Umwelt Graubünden (ANU) und des naturemade star-Fonds von ewz realisiert werden.

Förderung der Biodiversität

Eine naturnahe Gartengestaltung mit verschiedenen Strukturelementen wie Trockenmauern, Totholz oder Findlingen sowie einheimischen Pflanzen bietet vielen Tieren einen wertvollen Lebensraum und ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Jedes Element entfaltet dabei seine ganz eigene Wirkung.

Strukturelemente

Amphibien-Unterschlupf

Eine Kuhle im Boden wird mit Bollensteinen und wahlweise mit etwas Sand gefüllt. Darüber werden Totholz, Äste oder Laub gehäuft. Schon hat man einen geeigneten Unterschlupf für Kröten, Frösche und Molche. Aber auch die Gartenspitzmaus ist auf solche Verstecke angewiesen. Der flinke und gefrässige Nützling jagt im Garten Schnecken, Engerlinge und Regenwürmer. Zudem nützen verschiedenste Insekten und andere Wirbellose die schattigen und feuchten Verstecke.

BeeHome

Das BeeHome ist ein speziell für die einheimischen Wildbienen entwickeltes, hoch diverses Wildbienenhaus, das vielen verschiedenen Wildbienenarten geeignete Nistplätze bietet. Ein solches Wildbienenhaus eignet sich speziell dazu, unterschiedlichste Wildbienenarten aus nächster Nähe beim Nisten zu beobachten.

Findlinge

Findlinge bieten für verschiedene Tiere einen geeigneten Ort zum Sonnenbaden, Ausruhen und für einige seltene einheimische Wildbienenarten Orte, um freistehende Nester zu befestigen. Tagsüber wärmen sich die grossen Steine in der Sonne auf und geben die Wärme nachts langsam an die Umgebung ab, was das Wachstum wärmeliebender Pflanzen begünstigt. An ihrer Basis entstehen hervorragende Verstecke für Amphibien und Kleintiere. Findlinge tragen zudem zu einer naturnahen Ästhetik bei und verleihen dem Garten Struktur und Tiefe.

Holzstoss

Totholzstücke zu einem Holzstoss aufgeschichtet schaffen einen vielfältigen und dynamischen Lebensraum für Insekten, Reptilien, Amphibien und Kleinsäuger. Im Inneren des Holzes läuft ein komplexer und vielstufiger Abbauprozess durch diverse Pilze und Insekten ab. Jede Holzart durchläuft eine Reihe von Abbaustufen, vom frischen Holz bis zum Zerfall in morsche Krümel, die jeweils ein ganzes Mini-Ökosystem an Lebewesen beherbergen. Auch der Standort (feucht oder trocken, sonnig oder schattig) spielt eine grosse Rolle für die Prozesse, die im Holzstoss ablaufen. Sonnenplätze für Eidechsen, schattige und feuchte Unterschlüpfe für Kröten, Totholz für Käferlarven, Käferfrassgänge für Wildbienen, so entsteht eine riesige Vielfalt an Nischen, Nahrung und Verstecken.

Igelburg

Die Igelburg ist ein speziell für den Igel geschaffener Ast-Laub-Haufen. Der Unterbau bietet dem nützlichen Insektenfresser eine geräumige Stube zum Schlafen, Überwintern und zur Aufzucht der Jungen. Darüber spannt sich ein kegelförmiger Laubhaufen, der mit verschiedenen dicken Ästen gestützt ist. Igelburgen werden alle paar Jahre neu aufgebaut, während alte Burgen langsam verrotten. Sie bieten einen hervorragenden Ort, um auf der Fläche anfallendes Laub, Schnittgut und Äste zu verbauen.

Kaltkomposter

Im Wildbienenparadies wird nichts abgeführt oder «weggeworfen». Jätgut wird auf kleinen, versteckten Häufchen an schattigen Orten gesammelt  – es entstehen Kaltkomposter. Das sind kleine Komposthaufen, in denen das organische Material von verschiedensten Bodenlebewesen wie Regenwürmern und Pilzen zu wertvollem Humus umgewandelt wird. Durch den Prozess der Zersetzung entsteht Wärme, die z.B. die Blindschleiche besonders schätzt. Diese schneckenfressenden Nützlinge bringen im Kompost ihre Jungen zur Welt und überwintern im warmen und weichen Inneren der Haufen. Nach einem Jahr bleibt wertvoller Humus zurück, der CO2 bindet und den Boden aufwertet. Kaltkomposter sind der Schlüssel zu einem Garten, der auf einem geschlossenen Nährstoffkreislauf basiert und der ohne Maschinen und Lärm bewirtschaftet werden kann.

Leere Schneckenhäuser

Leere Schneckenhäuser sind das Zuhause einer faszinierenden einheimischen Wildbienenart: Die Schneckenhaus-Mauerbiene baut ihre Nester nur in diesen speziellen Hohlräumen. Die Schalen der Weinbergschnecke werden an geeigneten Stellen im Garten verteilt und bieten den seltenen Wildbienen so geeignete Nistplätze.

Markhaltige Pflanzenstängel

Verschiedene Wildbienen und Solitärwespen nisten ausschliesslich in senkrecht stehenden, markhaltigen und trockenen Pflanzenstängeln. Im Wildbienenparadies werden an verschiedenen Stellen Holunder-Äste so verteilt, dass die Schnittstellen der Äste für die Insekten zugänglich sind. Zudem werden einzelne Stängel senkrecht in einem Backstein fixiert.

Sandlinse

Sandlinsen bilden für allerlei im Boden nistende Wildbienen-, Solitärwespen- und weitere Insektenarten ein wertvolles wie seltenes Habitat. Im lockeren aber bindigen Sand lässt es sich speziell gut graben. Randzonen der Sandlinsen werden auch von der Zauneidechse zur Eiablage genutzt, und Sand unter überhängenden Findlingen oder Baumstämmen wird von Ameisenlöwen besiedelt. Gewisse Heuschreckenarten sind auf sandigen Boden angewiesen und verschiedene Pflanzenarten gedeihen hier speziell gut. Die Sandflächen sollten jedoch möglichst vegetationsfrei bleiben. Ideal sind sonnige und trockene Standorte.

Steinhaufen

Steinhaufen schaffen für verschiedene Kleintiere wertvolle Verstecke und Schlafplätze. An sonnigen Stellen platziert kombinieren sie Aussichtspunkte, Sonnenplätze und Versteckmöglichkeiten. Tagsüber wärmen sich die Steine in der Sonne auf und geben die Wärme nachts langsam an die Umgebung ab, was das Wachstum wärmeliebender Pflanzen begünstigt. Steinhaufen sollten in Kombination mit Findlingen verschiedener Grösse, sowie mit gösseren Totholzstrukturen erstellt werden. An Sandlinsen anschliessend bilden sie zudem einen unterirdischen Zugang zum Sand, was der Zauneidechse zugutekommt, die an solchen Schnittstellen ihre Eier legt.

Totholz

Totholz, gerade wenn es sich um ganze Stämme und dicke Äste verschiedener Baumarten handelt, bildet eines der wertvollsten und vielfältigsten Strukturelemente im Wildbienenparadies. Es bietet nicht nur verschiedenen Wildbienenarten ideale Nistplätze, sondern bildet ein ganzes Mini-Ökosystem für Pilze, Moose, Flechten, Käferlarven und viele weitere Kleintiere. Unter den Stämmen entstehen Unterschlüpfe und Verstecke, auf den Stämmen hervorragende Sonnenplätze. Wenn das Holz langsam verrottet, entstehen zusätzliche Hohlräume und Nischen. Die Stämme und Äste alter Bäume verleihen dem Wildbienenparadies zudem seine unverwechselbar wilde Ästhetik.

Weissfaules Totholz

Mehrere Wildbienenarten nisten ausschliesslich in selbstgegrabenen Gängen in morschem Totholz, das von Weissfäule befallen ist. An einer sonnigen Stelle der Fläche werden mehrere Stücke zu einem Holzstoss zusammengestellt.

Organisationsführung Nachhaltig Studieren

Der Lehrberuf benötigt ein gesellschaftliches Engagement mit nachhaltiger Wirkung und grosser Verantwortung. Lehrpersonen prägen zukünftige Generationen und sensibilisieren sie für die sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen der Zukunft. Sie tragen und übertragen Verantwortung für die Welt, in der wir leben. Die Pädagogische Hochschule Graubünden unterstützt Sie dabei.

mehr Informationen

Kontakt

Ihr Browser (IE 11) ist leider zu alt und wird nicht mehr unterstützt.