Medienmitteilung
Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache in der Schule: Bildungschancen erhöhen

Mehrsprachigkeit ist Chance und Herausforderung zugleich. Kinder mit Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache sind allerdings im Schulalltag besonders gefordert, müssen sie doch jegliche Anforderungen in einer weiteren Sprache meistern. Für einen erfolgreichen Schuleinstieg benötigen sie zusätzliche Unterstützung. Damit Lehrpersonen wissen, wie sie ihre Schüler:innen mit diesen Herausforderung unterstützen können, bietet die PH Graubünden Beratung und Fachwissen an, unter anderem an einer Fachtagung in Chur.

Jede Lehrperson kennt die Situation: Familien aus anderen Sprachregionen ziehen zu. Deren Kinder sprechen die Unterrichtssprache noch nicht. Oder Kinder sind im Sprachgebiet geboren, hatten aber noch zu wenig Sprachkontakt, um sich im Unterricht zurechtzufinden. So erfahren die Schulkinder mit dem Schuleintritt einen doppelten Sprachschock: Sie müssen gleichzeitig die Unterrichtssprache wie auch die fachlichen Inhalte erlernen. In diesen Situationen sind Schulen und Lehrpersonen besonders gefordert. Deshalb engagiert sich die PH Graubünden in der Forschung, Beratung sowie mit Aus- und Weiterbildungsangeboten, damit Bildungs-chancen für Kinder mit Deutsch als Zweitsprach (DaZ) oder Deutsch als Fremdsprache (DaF) steigen.

Sprachliche Hürden mindern – fachliche Ziele erreichen
Damit Lehrpersonen besser auf die sprachlichen Voraussetzungen der Kinder eingehen können, bietet die PH Graubünden einen Zertifikatslehrgang Deutsch als Zweitsprache (CAS) an. Der Lehrgang richtet sich sowohl an Lehrpersonen von Deutsch als Zweitsprache als auch an Lehrpersonen, die mit sprachlich und kulturell heterogenen Klassen im Rahmen des Deutschunterrichts integrativ arbeiten. „Doch nicht alle Schulen sind in der Lage, ausgebildete DaZ-Lehrpersonen zu engagieren. Dies ist vor allem in kleineren Schulen in ländlichen Gebieten der Fall. Vielerorts fehlt zudem das Bewusstsein für die adäquate Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache», weiss Valeria Zubler, Praxisdozentin im Zertifikatslehrgang Deutsch als Zweitsprache an der PH Graubünden. «Deshalb bieten wir den Schulen Beratungen und schulinterne Weiterbildungen zum Thema an. Vielen Lehrpersonen ist nicht bewusst, dass sich Kinder zwar problemlos im Alltag in der Zweitsprache verständigen können, aber im Unterricht mit der komplexeren Bildungssprache an ihre Grenzen stossen. Viele Lehrpersonen reduzieren in der Folge die fachlichen Lernziele, obwohl es die sprachlichen Hürden sind, die das Erreichen der Lernziele behindern. Würde stattdessen die sprachliche Komplexität der Wissensvermittlung reduziert, könnten die Schülerinnen und Schüler dem Fachunterricht folgen.»

Tipps zum sprachsensiblen Unterricht
Im Schulalltag empfiehlt Valeria Zubler deshalb den Lehrpersonen, ganz bewusst auf einen sprachsensiblen Unterricht zu setzen. Sie gibt einige praktische Tipps. Texte müssen für DaZ-Schüler und Schülerinnen umgearbeitet werden: Einfache, kurze Sätzen erleichtern das Leseverständnis, trennbare Verben können ersetzt werden durch einfache Strukturen, zusätzliches Bildmaterial soll zur Förderung des Verständnisses eingesetzt werden, die Aufgabenstellung soll kleinschrittig und strukturiert kommuniziert werden. Dasselbe gelte auch für den persönlichen Austausch mit den Eltern und für die Webseite. Damit sei ein erster Schritt gemacht. Zudem müsse schulintern und stufenübergreifend auf das Thema aufmerksam gemacht und die Ressourcen sowie das Wissen gezielt eingesetzt werden.

Forschung der PH Graubünden im Bereich Deutsch als Zweit- und Fremdsprache
Der Kanton Graubünden befindet sich durch seine Mehrsprachigkeit in einer sprachlichen Sonderstellung. Zum einen findet in romanischsprachigen Regionen auf der Oberstufe ein Wechsel der Hauptunterrichtssprache von Romanisch auf Deutsch statt, so dass die Romanischsprachigen in ihrer Zweitsprache unterrichtet werden. Zum anderen gibt es – vor allem in Tourismusdestinationen – viele Zuzügler mit Migrationshintergrund, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, die sie in ihrem Umfeld nicht hören und nur im Unterricht anwenden. Für die Schule birgt diese Situation vielfältige Herausforderungen.

Die Pädagogische Hochschule Graubünden hat darauf mit strategischen Forschungszielen und Angeboten reagiert: Sie setzt sich in Forschungs- und Entwicklungsprojekten dafür ein, die Bildungschancen im Kontext der sprachlichen Diversität und Heterogenität zu erhöhen. So startete sie zum Beispiel 2018 zusammen mit dem Institut für Kulturforschung Graubünden ein transdisziplinäres Forschungsprojekt in zwei ausgewählten rätoromanischen Schulgemeinden. Übergeordnetes Ziel ist die nachhaltige Verbesserung der Berufs- und Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund an romanischsprachigen Schulen. Als erster Schritt werden in einer Situationsanalyse inner- und ausserschulische Ursachen eruiert. Dabei liegt der Fokus auf der besonderen sprachlichen Situation an den Untersuchungsorten. Basierend auf diesen Resultaten werden mit Akteuren vor Ort reproduzierbare Massnahmen erarbeitet, umgesetzt und evaluiert. Dazu gehören unter anderem der verstärkte Austausch innerhalb der Schulen, die verbesserte Kommunikation mit den Eltern, die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen im Bereich des DaF/DaZ-Unterrichts und des sprachsensiblen Unterrichts sowie die sprachliche Frühförderung. Abgeschlossen wird das Forschungsprojekt im Jahr 2023.

 

17. FACHTAGUNG DEUTSCH ALS ZWEITSPRACHE (DaZ)

Wie kann der Fachunterricht für DaZ-Lernende sprachlich zugänglich gemacht werden? Welche Methoden-Werkzeuge und Lehrmittel stehen zu Verfügung? Wie wird der Fachbereichslehrplan Deutsch als Zweitsprache gemäss Lehrplan 21 umgesetzt? Wo liegen die Herausforderungen bei den Schnittstellen zwischen DaZ-Lehrperson, Fachlehrperson, schulischer Heilpädagogen und Schulleitungen?

Die Tagung der PH Graubünden nimmt ein wichtiges Bedürfnis von DaZ-, Regel- und Fachlehrpersonen sowie Schulleitungen auf, die DaZ-Förderung an Schulen zu optimieren. Zudem werden im Rahmen eines Round-Tables Erfahrungen aus verschiedenen Schulhäusern ausgetauscht und offene Fragen gesammelt und diskutiert. Prof. Josef Leisen ist Keynote-Speaker an der 17. DaZ-Tagung in Chur und Entwickler des Konzepts des sprachsensiblen Unterrichts.

Datum:                      
Sa, 19.03.2022, 09.15 – 16.15 Uhr

Ort:                           
Pädagogische Hochschule Graubünden

Anmeldung:
bis 20.02.2022 unter phgr.ch/daztagung,
weiterbildung@phgr.ch, +41 81 354 03 06

Kosten:                      
CHF 200.–inkl. Verpflegung / CHF 160.– Teilnahme online

Detailinformationen:   
phgr.ch/daztagung

Bild-Download:

Referent: Prof. Josef Leisen, ehemaliger Leiter des Studienseminars für das Lehramt an Gymnasien und Professor für Didaktik der Physik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. (Bild)

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